Vom Samen zum Baum wuchs ich
heran und freundete mich mit manchem Nachbarn an.
Ich war so ein dicker Stamm aus
Holz und auf meinen graden Wuchs besonders
stolz.
Eines Tages war's dann
geschehen man nahm keine Rücksicht auf mein Flehen.
Mein Stamm ward vom Förster gelb
markiert, die Waldarbeiter fällten mich
ungeniert.
Tagein, tagaus lag ich nass und
kalt mit anderen Stämmen auf einem Haufen im Wald.
Später sägte man mich ab vom
Stamm und brachte mich zum Schreiner
Biesemann.
Was ich nun sah, dass sah ich noch
nie, ringsum Maschinen und Möbel, ich ging fast in die Knie.
Ich wurde gehobelt und auf Glanz
gebracht mit Stecheisen, Messer und Schmirgel in Form
gebracht.
Flügel, Beine und Krallen wurden
mein, einen Reichsapfel und Zepter tat man in die Krallen rein.
In den Adelsstand nahm man mich
auf, auf den Kopf eine güldene Krone setzte
drauf.
Bunt angemalt ging's ab in den
Schrank bis sich beim Verein ein Sponsor fand.
Schützenfestmontags kam mein großer
Tag, morgens im Zelt ich zur Besichtigung
lag.
Mächtige Reden tat man
schwingen, von Ordnung, Einigkeit und anderen Dingen.
Dann kam der große Augenblick
herbei, mit Hallo ging's die Stange rauf, o
weih.
Dies musste wohl was ganz besonderes
sein, denn die wichtigen Leute tranken Sekt und Wein.
Welch ein herrlicher Anblick von hier
oben, man sollte dafür den Schützenverein loben.
Ein prächtiges Schützenzelt und viel
drumherum nahm mir den Atem, ich war ganz stumm.
In meinem Kopf kreisten viele Gedanken,
für solch einen Ausblick kann man sich nur bedanken.
Hier lasst mich bleiben, hier will ich leben. Trara und Tschingbum ließ mein Herz rasen,
das Batallion der Schützen betraten das Zelt. Ein buntgeschmückter Grüner, versuchte sich in Kommandos,
bevor der Vorstand nebst Gästen dann erschien.
Es war eine Pracht, es machte mir Spass, dies war für mich so richtig was.
Ich fühlte mich als
Hauptperson, als säße ich im Zelt auf dem Thron.
Dies ließ mich die Angst
vergessen, den auf das Vogelschießen war ich nicht
versessen.
Doch dann kam alles schneller als ich
gedacht, ich war noch gar nicht so richtig wach.
Um ein Gewehr, da versammelte man
sich, der erste Schütze ein Sprüchlein
spricht,
im Namen des Regierenden steh ich
hier und habe den Reichsapfel im Visier.
Die Musik spielt einen Tusch,
da fiel auch schon der erste Schuss.
Das dieses weh tut, das will ich nicht
sagen, aber der Krach, den kann ich nicht ertragen.
Hoffentlich hält sich die Watte in meinen
Ohren, dann können die da unten lange
schmoren.
Werde tapfer aushalten jeden
Schuss, denn ich bestimme, wann hier ist Schluss.
Reichsapfel, Zepter und mein gekröntes
Haupt, die Preise wurden mir schnell geraubt.
Bei den Flügeln da war es wie
ehedem, Palaver, welcher ist links von oben oder unten gesehen.
Als ich beider Flügel ward
beraubt, hielten nicht mehr alle Schützen
drauf.
So mancher Schuss traf mich nicht
mehr, die dummen Ausreden häuften sich sehr.
Jeder Schütze sollte nur nicht
glauben, mir meinen sichern Halt zu
rauben.
Denn ich bestimme ganz
allein, wer wird König im Verein.
Zum Schluß. da war ich total
erstaunt, dass man meinen Rumpf wieder zusammen
baut.
Als Erinnerungsstück werd ich noch gebraucht, um zu hängen im neuen Königshaus.
Was schrieb 1928 die Essener Volks-Zeitung vor dem Schützenfest nach 14 jähriger Pause?
Die Schönebecker Schützen, die knallen in den Wald. Die haben einen Vogel der 14 Jahre alt.
Schon anno 14 ließen sie zimmern ihn aus Holz und wollten auf ihn schießen, dann schöße er
Kobolz.
Da schossen plötzlich hinten der Russe, der Franzos'. Da gingen keine Flinten in Schönebeck mehr los.
Bei Fränzken in der Weide, beim Wirt der Vogel hing. Und niemand tat zu Leide was solchem armen
Ding.
Doch als in diesem Jahre ein Schützenfest gedacht, da prüfte man die Ware, die vierzehn ward gemacht.
Geräuchert war der Vogel von Bierdunst, Tabakrauch. Und keine Schützenkugel wollt mehr in seinen
Bauch.
Er war in seinem Werte gestiegen fürchterlich und zwar von einer Härte, die Stahl und Eisen
glich.
Die Schönebecker Schützen, die saßen in der Klemm'. Man sprach "Et kann nix nützen, wi möt en niggen
häm!"
Ein tüchtiger Vogelbauer ward mit dem Bau betraut. Der hat ihn halb so dauerhaft und was leichter
gebaut.
Beim Fränzken in der Weide der alte Vogel hängt. Dran hat man seine Freude, wenn man an früher denkt.
Er ruft, wenn sie da sitzen: "Ich bin vom alten Schrot, Ihr nachgemachten Schützen! Mich kriegt Ihr nicht kapot!"
Hochzeit, zwei Geschichten um ca. 1834/1840
November 1834, da ehelichte Franz Claus vom Claushof, Lohstr. 51, späterer Ortsvorsteher von Bedingrade, Marianne Gerschermann vom Gerschermannshof, auch Jenne genannt. Er 21, sie 20 Jahre alt, waren sie gar ein stattliches Paar und mit allem Aufwand der damaligen Bauernhochzeiten wurde die Hochzeit gefeiert. An solchen Festen nahmen nicht wie heute nur die nächsten Bekannten und Verwandten teil, sondern alle umliegenden Bauernschaften, denn einer kannte den anderen und jede Bauernhochzeit wurde zu einem regelrechten Volksfest. Auf schmalen Wiesenpfaden zog man einzeln und zu Paaren zur Borbecker Kirche. Nach der Trauung formierte sich der Festzug, angeführt von einigen Musikanten und vorweg ritt Franz Grünewald, verkehrt auf einem Esel sitzend. Jeder Gast entrichtete seinen Obolus in Form eines Talers, Butter oder Speck usw., so dass im Gegensatz zu heute sich jede Hochzeit selbst finanzierte und am Schluss oft noch einige blanke Taler und manche nahrhaften Dinge übrig blieben. So ging es gewöhnlich acht Tage durch ohne Unterbrechung und Pfarrer Legrand hob mehr als einmal den Finger, um das Treiben etwas einzudämmen.
Als Johann in der Weide die Tochter des Bauern Grothe heiratete, dauerten die Hochzeitsfeierlichkeiten n u r 14 Tage und in diesen Tagen wurden 13 Ohm Bier verkonsumiert. Bei einem Ohm handelt es sich um ein altes Weinmass, welches unterschiedlich 100 bis 160 Liter fasst. Es wurden danach rund 1500 Liter Bier vertrunken. Pastor Legrand sagte danach in einer Sonntagspredigt: "Acht Tage Hochzeit feiern ist schon zu viel, aber die Schönebecker sind 14 Tage nicht mehr nüchtern! Das bringt keinen Segen. Man darf nicht übertreiben".